Am 21. August 1994 versprach Kurt Biedenkopf dass das Land Sachsen sich an der Sanierung des damals schon mehr als baufälligen Westsachsenstadions beteiligen würde. Anlass war das erste Spiel des FSV Zwickau in der 2. Bundesliga gegen den FSV Frankfurt (2:2) bei dem "König Kurt" natürlich anwesend war.
Die Landtagswahl in Sachsen stand schließlich kurz bevor. Bei dieser errang am 11. September 1994 die CDU unter Führung des Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf die absolute Mehrheit im Landtag des Freistaates Sachsen. Sein Versprechen hatte er, spätestens an diesem Tag, offenbar schon wieder vergessen.
Im März 2014, fast 20 Jahre später, wurde nach einem unfassbaren Hin und Her, unzähligen Debatten und dem zwischenzeitlich gescheiterten Versuch das Westsachsenstadion zu sanieren, im zweiten Anlauf im Stadtrat von Zwickau mit großer Mehrheit beschlossen, in Eckersbach ein neues Fussballstadion zu bauen. Die Zwickauer CDU erklärte dazu:
„Der Stadtrat hat mit großer Mehrheit entschieden, dass über den Stadionneubau nicht die Zwickauer selbst, sondern die Stadträte für die Zwickauer entscheiden. Die Entscheidung für den Stadionneubau hat der Stadtrat sodann mit einer deutlichen Mehrheit von 27 Ja-Stimmen (bei 43 anwesenden Ratsmitgliedern) getroffen. Als gute Demokraten akzeptieren wir beide Entscheidungen. Denn wo unmittelbare und repräsentative Demokratie gleichermaßen zulässig sind, ist nach unserem Demokratieverständnis die mehrheitlich getroffene Entscheidung auch die zu akzeptierende. Wir stellen uns nicht gegen demokratische Entscheidungen!"
Die Stadtratswahl stand kurz bevor. Bei dieser errang am 25. Mai 2014 die CDU den Status als stärkste Fraktion. Ihr schriftlich fixiertes Versprechen hatte die Partei, spätestens an diesem Tag, offenbar schon wieder vergessen. Denn zwei Wochen vor der konstituierenden Sitzung des Stadtrates wurde ein Antrag der Fraktionen der CDU, AfD und BfZ/Grüne bekannt, der die Aussetzung der weiteren Umsetzung der gefassten Beschlüsse zum Stadionneubau und eine nochmalige Diskussion des Vorhabens zum Ziel hat. Die antragstellenden Fraktionen wollen darüber hinaus bis zum 10. Oktober über die laufenden und zu erwartenden Kosten und Risiken informiert werden. Genau diese Informationen waren schon zwei mal die Grundlage für die im Stadtrat getroffenen Entscheidung zum Stadionneubau in Eckersbach! Die CDU kennt diese und kann sicherlich den neuen Räten in den eigenen Reihen, als auch die der in den anderen Fraktionen neu hinzugekommenen, diese Informationen bereitstellen. Stattdessen straft die CDU ihre Erklärung Lügen. Sie versucht mit Hilfe einiger politischer Geisterfahrer unter fadenscheinigen Vorwänden einen mehrheitlich getroffenen Beschluss des Zwickauer Stadtrates nachträglich zu kippen. Die CDU offenbart ein Demokratieverständnis, welches sie selbst anderen politischen Kräften gerne vorwirft.
Die Zwickauer CDU hatte 20 Jahre Zeit, sich um ein saniertes oder neues Stadion in Zwickau verdient zu machen. Gerne auch zu besseren Bedingungen und mit weniger Kosten als bei dem derzeitigen Projekt. Wer in dieser Zeit auch nur einmal auf den provisorischen Stahlrohrtribünen im Westsachsenstadion oder jetzt im Sojus gesessen hat, hätte den Handlungsbedarf erkennen müssen. Die CDU und ihre Baubürgermeister hat in dieser Hinsicht aber nichts getan. Statt dessen werden jetzt denjenigen, die Grundlagen schaffen wollen, das Zwickau sich auch im Spitzensport endlich wieder einen angemessenen Platz erkämpfen kann, Knüppel zwischen die Beine geworfen. Investoren aus dem Wirtschaftsbereich werden sich in Zukunft ebenso wie derzeit der FSV Zwickau fragen, inwieweit auf Beschlüsse des Zwickauer Stadtrates noch Verlass ist. Oder ob ein Immobilienmakler, der Dank des Wählerwillens seine privaten geschäftlichen Interessen jetzt auch im Stadtrat vertreten kann, z.B. Industrieansiedlung mit Verweis auf die Südhanglage ablehnt, obwohl in Zwickau alles mögliche knapp ist, aber keine Baugrundstücke.
Schlussendlich stellt man sich verwundert die Frage, wieso eine Stadt wie Zwickau angeblich in wenigen Jahren Pleite sein soll. Und wieso es überhaupt so weit kommen konnte, das dieses prosperierende Oberzentrum, u.a. mit einem großen Werk des zweitgrößten Autoherstellers der Welt und der damit verbunden Zuliefererindustrie in der Nähe, derzeit nur einen Sportplatz hat, welcher lediglich mit einer Ausnahmegenehmigung und zeitlich begrenzt für die 4. Fussballliga tauglich ist?
Wenn sich Bürger Zwickaus, auch wenn sie sich nicht für den Fussball in Ihrer Stadt interessieren, in den nächsten Tagen mit Unterschriftenlisten konfrontiert sehen, in der man mit seinem Namen seine Stimme für die Umsetzung des Beschlusses zum Bau eines Fussballstadions in Eckersbach abgeben kann, dann sollten sie sich überlegen, was es bedeuten würde, wenn ein Zwickauer Fussballverein, der sich dem Slogan „Meine Stadt, mein Verein, meine Liebe“ verschrieben hat, in Gera, Altenburg, Plauen, Chemnitz oder Auerbach seine Punktspiele austragen muss, weil es in Zwickau kein geeignetes Stadion gibt!